Klassik trifft Pop – Night of the Proms feiert 25-jähriges Jubiläum in Bremen

Night of the Proms 2023 in Bremen

Am vergangenen Sonntag war es wieder einmal soweit: Die beliebte Konzertreihe „Night of the Proms“ machte Halt in der ausverkauften ÖVB-Arena Bremen. 

Rund 8.000 Menschen wurden eingeladen auf eine emotionale Zeitreise durch 300 Jahre populärer Musik. Dabei standen neben dem Antwerp Philharmonic Orchestra, dirigiert von Alexandra Arrieche, dem belgischen Chor Fine Fleur und dem US-amerikanischen Cellisten Nathan Chan – die zusammen den klassischen Part vertraten – auch die internationalen Rock- und Pop-Größen Toto (vertreten durch Steve Lukather & Joseph Williams), Anastacia, James Morrison und Aura Dione sowie die deutsche Synthie-Band Camouflage auf den Bremer Bühnenbrettern.

Das Konzept der Proms-Show

Die „Night of the Proms“ ist eine Symbiose von klassischer Musik und verschiedenen Musikstilen aus dem Bereich der Populärmusik. Ein großes Sinfonieorchester samt Chor spielt klassische Hits und begleitet – zusammen mit der Show eigenen Rockband NOTP-Backbone – auch die Pop-Stargäste. Diese wechseln von Jahr zu Jahr und auch je nach Auftrittsland, denn in den einzelnen Ländern stoßen jeweils Special Guests und nationale Musikgrößen zum festen „Jahres“-Kern dazu. Zudem wird in jedem Jahr ein klasssisches Instrument oder ein:e junge:r Ausnahmekünstler:in besonders hervorgehoben. Abgerundet wird der musikalische Genuss durch ein grandioses Licht- und Projektionsdesign.

Die Deutschlandpremiere fand am 24. Oktober 1994 in der Dortmunder Westfalenhalle statt, somit feiert die Show an sich bereits ihr 30. Jubiläum in Deutschland. In diesem Jahr wird der Schlussakt der aktuellen Tour in Köln stattfinden und damit bereits die 400. deutsche Show sein. In all der Zeit durften die Veranstalter über 3,7 Millionen Gäste – von denen übrigens rund 80% „Wiederholungstäter/innen“ sind – begrüßen. Wirklich beeindruckende Zahlen.

Bei aller Konstanz und Kontinuität (das Antwerp Philharmonic Orchestra ist bereits seit Anbeginn dabei und der Chor Fine Fleur hatte sich 1995 eigens für die Show gegründet) findet bei „Night of the Proms“ auch trotzdem stets viel Wandel statt. Nicht nur, dass das Line-Up jährlich wechselt, auch die Veranstaltungsorte haben sich über die Jahre verändert – so erklärt sich, warum Moderator Stefan Frech am Sonntag das Publikum zum 25-jährigen BREMER Jubiläum begrüßte. Keine Sorge, wir sind sicher, Bremen schafft dann auch locker noch die 30 – mindestens!

Night of the Proms 2023 in Bremen
Nathan Chan am Cello

Das Line-Up 2023

Der Abend begann klassisch – im wahrsten Sinne des Wortes. Das Antwerp Philharmonic Orchestra und der belgische Chor Fine Fleur präsentierten die „Ouverture“ aus der Operette „Leichte Kavallerie“ von Franz von Suppé, direkt gefolgt vom ersten Auftritt des diesjährigen Klassik-Stars, dem US-amerikanischen Cellisten Nathan Chan. Er spielte „Libertango“, eine Komposition des Tango-Komponisten Astor Piazzollo und machte damit gleich klar: Bei der „Night of the Proms“ geht es nicht nur um die klassische Musik an sich sondern darum, verschiedene Musikstile mit einander zu verbinden, eine Symbiose zu schaffen und das Beste aus 300 Jahren populärer Musik zusammenzubringen. Was außerdem schnell klar wurde: Das musikalische Niveau war richtig, richtig hoch!

Den ersten Pop-Part übernahm dann die dänische Songwriterin Aura Dione. Sie legte gleich mit einem ihrer größten Hits „I will love you Monday (365)“ los, mit dem ihr 2009 der internationale Durchbruch gelungen war. An dem überwiegend älteren Publikum war das aber wohl irgendwie vorbeigegangen, denn es reagierte erst einmal verhalten, als ob es die Sängerin nicht kennen würde. Der Spielfreude von Aura Dione schien dies aber nichts auszumachen und auch nicht ihrer Herzlichkeit, die sie den Bremern entgegenbrachte. Unbeirrt performte sie ihre ebenfalls eigentlich bekannten Hits „Friends“ und „Geronimo“, brachte die ganze Halle dazu eine riesige La-Ola-Welle auszuführen und das Publikum spätestens auf ihre Seite, als sie durch die Sitzreihen lief und „shake hands“ verteilte. Gelebte Publikumsnähe, Momente, die Konzerte neben der Musik einfach aus- und besonders machen.

Herzmomente im 3/4-Takt

Darauf folgte wiederum ein Klassik-Part. Als das Antwerp Philharmonic Orchestra einen Walzer-Mix von Johann Strauß (junior) spielte, zeigte sich, dass das Bremer Publikum eigentlich alles andere als schüchtern oder verhalten ist, denn etliche Paare machten die Gänge im Innenraum kurzerhand zum Tanzparkett. Das Walzertanzen während der Show scheint mittlerweile eine beliebte Tradition bei der „Night of the Proms“ zu sein und ich persönlich fand es wahnsinnig schön und berührend die Intimität und Freude der verschiedenen Paare zu sehen. Dem Walzer folgte eines meiner persönlichen Highlights: Der Chor Fine Fleur sang eine wunderschöne A-capella-Version von Billie Eilishs Hit „What was I made for“, die mir am ganzen Körper Gänsehaut bescherte.

Night of the Proms 2023 in Bremen
James Morrison

Auch mit dem zweiten Pop-Vertreter, dem britischen Sänger und Songwriter James Morrison musste das Bremer Publikum scheinbar erst einmal warm werden. Während es bei seinen Hits „You give me something“ und „Wonderful World“ noch zögerlich reagierte, zeigte es sich dann später nach der Pause aber überzeugt von seiner – während der Tourproben entstandenen – Version des Coolio-Klassikers „Gangsta´s Paradise“, die er mit dem Cellisten Nathan Chan performte. Und für „Broken Strings“ im Duett mit Anastacia gab es schließlich Jubel und tosenden Applaus.

Nach den zunächst ruhigeren Klängen von James Morrison brachten der Chor und das Sinfonieorchester mit dem „Gipsy Chorus“ aus Verdis „Der Troubadour“ (il trovatore) und einem französischen Can Can nochmal Pep vor der Pause. Dabei zeigte die zauberhafte Dirigentin Alexandra Arrieche einmal mehr ihr brasilianisches Temperament als sie tanzend über die Bühne fegte. Einfach wundervoll diese Lebensfreude und Energie.

Energetisch ging es dann auch weiter mit meiner persönlichen Überraschung des Abends: der deutschen Synthie-Band Camouflage. Wer kennt nicht ihre 80er-Jahre Hits „Love is a shield“ und „The Great Commandment“?! Die Band lieferte ab und das Publikum war sofort Feuer und Flamme. Mich überraschte vor allem die immense Energie des Sängers Marcus Meyn! Fans der Band dürfen sich übrigens freuen, denn 2024 geht die Band auf Jubiläumstour und feiert 40 Jahre Camouflage. Der nächstgelegene Tourhalt wäre zwar in Hamburg, aber Meyn verkündete, die Band würde sich freuen wenn auch Fans aus Bremen den Weg zur Großen Freiheit 36 auf sich nehmen würden – eine Fahrt, die sich meiner Meinung nach sicher lohnen würde!

Nach der Pause schlug mein kleines Potter-Herz schneller als das Antwerp Philharmonic Orchestra die „Suite from Harry Potter“ (besser bekannt als „Prolog“ aus dem Original Soundtrack von „Harry Potter und der Stein der Weisen“) spielte. Komponiert wurde diese übrigens vom Filmkomponisten John Williams, der wiederum der Vater ist von Joseph Williams, Sänger von Toto! Hättet ihr’s gewusst? Nathan Chan spielte danach „The Swan“ aus „Dem Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns und leitete dann zu einem „Song from a German composer“ über: „Cello“ im Original von Udo Lindenberg – an diesem Abend auf Englisch gesungen von der fantastischen Anastacia.

Night of the Proms 2023 in Bremen
Anastacia

Anastacia und Toto „are killing it“!

Der zweite Show-Teil war auf jeden Fall geprägt von unseren persönlichen Showhighlights: der US-amerikanischen Sängerin Anastacia und dem Auftritt der ebenfalls US-amerikanischen Rockband Toto. Powerfrau Anastacia überzeugte von Anfang an nicht nur durch ihr unglaubliches Gesangsvolumen, sondern auch durch Witz und Charme. Mit viel Humor erzählte sie die ein oder andere Anekdote aus dem Touralltag und bekräftige wie dankbar sie und andere Künstler/nnen seien, wenn sie die Gelegenheit bekämen mit „such a wonderful orchestra“ auftreten zu dürfen. Einer so großen Aufgabe ist keineswegs jede:r Künstler:in gewachsen, doch Anastacia (und auch später Joseph Williams) meisterte diese bravourös und scheinbar spielerisch! Im Amerikanischen würde man wohl sagen „she was killing it“! Dem Bremer Publikum heizte sie mit ihren Hits „Sick and Tired“, „Left Outside Alone“ und „I´m Outta Love“ mächtig ein und nur wenige Zuschauer/innen hielt es dann noch auf ihren Sitzen.

Den Abschluss machten die Headliner der diesjährigen „Night of the Proms“-Tournee, die Rockband Toto, vertreten durch ihre Frontmänner Steve Lukather und Joseph Williams. Mit verschiedenen Hits wie zum Beispiel „Stop Loving You“ machten sie deutlich, warum sie auch heute noch zu den ganz großen Rocklegenden unserer Zeit gehören. Mit einer Wahnsinnsstimme begleitete Williams das Antwerp Philharmonic Orchestra nicht nur, er beherrschte es quasi und während ich bei „Rosanna“ etwas Sorge um Lukathers Stimme hatte, zeigte er dafür während seines Instrumentalsolos bei „I´ll Be Over You“ sein immenses Gitarrentalent – einfach iconic! Auch Toto könnt ihr nächstes Jahr übrigens wieder auf eigener Tour erleben, u. a. im Hamburger Stadtpark. Zum Finale kamen bei „Hold the Line“ nochmal alle Künstler/innen zusammen auf die Bühne. Ein krönender Abschluss für einen wunderbaren Proms-Abend.

Night of the Proms 2023 in Bremen
Toto

Unser Fazit:

Das „Night of the Proms“-Publikum an sich ist in der Regel „etwas älter“, aber wir finden, dass die Show eigentlich für jeden Geschmack und jedes Alter etwas bietet! Klassik-Fans kommen genau so auf ihre Kosten wie Rock- oder Pop-Liebhaber/innen, leise Töne und Gänsehautmomente finden sich ebenso wie rockige Gitarren-Soli, voluminöse Stimmen und ganz große Gesten. Während meine SchnoorSchnacker-Kollegin schon einige Male dabei und jedes Mal begeistert war, war es meine NOTP-Premiere – womit ihr hiermit Feedback einer „alten Häsin“ und eines „Newbies“ habt. Und wir finden beide: Die Proms-Show macht einfach Spaß! Unsere Highlights waren auf jeden Fall die Auftritte von Anastacia und Toto, meine persönliche Überraschung Camouflage und mein Gänsehaut-Moment „What I was made for“ gesungen vom Chor Fine Fleur.  

Wir freuen uns schon auf die 2024-Show und falls ihr jetzt Lust habt, im nächsten Jahr selbst dabei zu sein, dann haben wir übrigens noch einen Tipp für euch: Kauft euch schnell Tickets! Das zukünftige Line-Up steht zwar längst noch nicht fest, aber die „Night of the Proms“ hat eine unwahrscheinlich treue Fangemeinde und so standen die ersten Fans bereits direkt nach der Show Schlange für Tickets fürs kommende Jahr. Bremen steht am 15. Dezmber 2024 wieder auf dem Tourplan. Tickets gibt es ab sofort im Vorverkauf.

Fotos: Sarah Fröhling